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geschrieben von Stephan
am 2016-01-03
Letzte Änderung:
nie
Von Unna nach Recklinghausen
Der Antisemitismus bricht aus, trotz vieler Leistungen für Juden
Die Familie Jacobs lebte zunächst in Unna (östliches Ruhrgebiet; Nordrhein-Westfalen), doch auf Anfrage von Dr. Selig Auerbach, der Erich Jacobs, dem Vater der Familie, eine Arbeitsstelle in Recklinghausen anbot, zog die gesamte Familie nach Recklinghausen. Vorher verabschiedeten sie sich von ihren Freunden und vor allen Dingen auch von den Kindern, die Erich Jacobs unterrichtete. Ihr Besitzgut wurde verladen und nach Recklinghausen gebracht, sie bezogen hier eine Dienstwohnung, die Erich Jacobs auf dem Schulgelände zugewiesen wurde.
Nachdem Erich und seine Frau angekommen waren, schauten sie sich am darauffolgenden Morgen um. Sie hatten ein sehr großes Haus mit eigenem Lehrerzimmer, Klassenraum und der besagten Dienstwohnung. Die Dienstwohnung bestand aus Küche, Schlafzimmer, Esszimmer, Arbeitszimmer und zwei weiteren ungenutzten Räumen. Das ganze Haus war in einem renovierungsbedürftigen Zustand und so veranlassten die Jacobs eine Renovierung bei der Stadt, welche auch prompt reagierte und das gesamte Haus generalüberholte. Nach der Generalüberholung des Hauses war es die Familie Jacobs immer noch nicht mit Elektrizität versorgt, also ging Erich Jacobs erneut zum Schulrat und bat darum ihr Haus zusätzlich noch mit Elektrizität zu versorgen. In dieser Zeit war eine Solche Bitte nicht selbstverständlich, da der Antisemitismus bereits sehr ausgeprägt war. Dennoch erwiderte der Schulrat seinen Antrag und veranlasste den Anschluss an das Stromnetz.
Wenige Tage später kamen Arbeiter, die im gesamten Schulgebäude die Gasleitungen entfernten und Stromleitungen verlegten, doch es fehlte laut Erich Jacobs noch der Anschluss an das Stromnetz, welcher sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand, doch Nazis hinderten die Arbeiter daran das Haus an das Stromnetz anzuschließen. Sie meinten für einen Juden zu arbeiten, so einer wie Erich Jacobs es war, wäre nicht richtig und die Arbeit solle sofort eingestellt werden. So musste Erich Jacobs erneut zum Schulrat und darum bitten das Haus an das Stromnetz an zu schließen, da sie jetzt komplett ohne Licht da stehen würden. Diesmal klappte es auch und kein Nazi hinderte die Arbeiter daran das Haus an zu schließen.
Für die Familie Erich Jacobs wurde grundlegend alles bezahlt, das Gehalt war immer pünktlich in Form eines Schecks bei der Bank ab zu holen und die Familie bekam sogar eine Putzfrau für die Schule. Dieses Verhalten des Staats im Jahr 1937 war sehr außergewöhnlich und Erich Jacobs kann sich bis heute nicht erklären aus welchem Grund sie so behandelt wurden.
Dr. Selig Auerbach, der die Familie nach Recklinghausen holte und Erich Jacobs die Arbeitsstelle als jüdischer Lehrer verschaffte, wohnte genau gegenüber von der Familie in einem schönen und großen Haus. Erich Jacobs versuchte deshalb ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm und seiner Frau auf zu bauen, doch als Rabbiner und somit Vorgesetzen von Erich Jacobs, wollte Auerbach als Respektperson angesehen werden. Außerdem wollte er den Religionsunterricht von ihm kontrollieren, was Erich Jacobs allerdings ablehnte und sich Hilfe von der Gewerkschaft für jüdische Lehrer holte. Diese sagte Erich müsse nicht und solle vor allen Dingen auch nicht zulassen, dass Auerbach seinen Unterricht kontrolliert, da viele Rabbiner dies seit Jahren versuchen und die Gewerkschaft dagegen kämpfe. Erich Jacobs bekam am folgenden Tag noch einen Anruf vom Schulrat, da Auerbach versucht habe Rechte zu bekommen, womit er berechtigt wäre den Unterricht von ihm zu kontrollieren, doch dies blieb Auerbach weiter verwehrt. Die Freundschaft zwischen den beiden war allerdings aufgrund dieser Vorkommnisse zerstört.

  • "Wunder geschehen doch noch / Geschichte und Schicksal der jüdischen Familie Jacobs" - Erich Jacobs,
    Hrsg. von Siegfried Homann, Karl-Heinz Martini, Franz-Josef Wiemer. Aus dem englischen Originalmanuskript übersetzt von Andreas Wiemer (Deutsche Ausgabe; ISBN 3-938481-00-5)