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geschrieben von Johanna
am 2016-01-02
Letzte Änderung:
2016-05-03
Fahrt nach Berlin um Ausreisegenehmigung zu erhalten
Am 26. August erhielt Familie Jacobs auf deren Anfrage eine Antwort des argentinischen Konsuls, welche besagte, es gäbe bislang noch kein Transitvisa für sie. Der August ging zu Ende und kostbare Zeit ging verloren, in der die Familie bezüglich ihrer Ausreise keine Fortschritte mehr erzielte, so beschloss Erich Jacobs Ehefrau nun selbst nach Berlin zu fahren, um dort beim jüdischen Hilfsverein vorzusprechen, denn zu verlieren hätte sie nichts gehabt. Die Reise trat Hetti an einem der letzten Tage im August an, es war eine Reise, die das zukünftige Leben der Familie stark beeinflussen würde und Hetti war sich dessen bewusst. Zudem war sie es, die die Reise antrat, da Viktor Löwenstein, der Leiter des Auswanderungsbüros in Berlin, ein alter Bekannter aus ihrer Kindheit war. Als Hetti in Berlin ankam, ging sie sofort zu besagtem Viktor Löwenstein und bat ihn um Hilfe, er jedoch musste ihr von einem neuen Gesetz erzählen welches besagte, dass Männer unter 65 Jahren nicht mehr auswandern dürften. Es wäre ihr also möglich gewesen auszuwandern, dies teilte auch Viktor ihr mit, jedoch müsse sie ohne ihren Mann gehen und dies schloss Hetti strikt aus. Ein Mann der gerade im Büro anwesend war hörte das Gespräch zwischen Viktor und Hetti, ehe Viktor ihn bat zur Gestapo zu gehen, um in diesem besonderen Fall eine Ausnahme zu machen, denn dieser Mann sei der Verbindungsmann der Gestapo und der Reichsvereinigung gewesen. Der zuständige Arbeiter der Gestapo erteile zu aller erstaunen direkt die Ausnahmegenehmigung, nachdem ihm der Fall geschildert worden war. Am nächsten Morgen ging Hetti zum Auswanderungsbüro, um die Genehmigung zur Ausreise abzuholen, sie stoß auf Hunderte von Menschen, die alle ausreisefertig waren, jedoch schrien diese vor Verzweiflung, denn an diesem Morgen war ein weiteres Gesetz verkündet worden, dass auch die Auswanderung der Frauen, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und zudem wurden alle bisher erteilten Genehmigungen für Männer unter 65. Jahren annulliert. Hetti selber weinte oder schrie nicht, sie war eher eine ruhige Person und akzeptierte die Situation.
Erneut suchte sie Viktor Löwenstein auf, doch dieser teilte ihr lediglich mit, dass es ihm leid tue und er nichts ausrichten könne. Anschließend dankte Hetti ihm und dem Mann, der ihr am Tag zuvor half. Zuhause angekommen teilte Hetti Erich die schlechte Nachricht mit, worauf erneut jeglicher Hoffnungsschimmer die Familie verließ. Der 1. September war laut Erich Jacobs der tiefste Punkt an dem sie ankamen, die Stimmung habe sich nicht in Worte fassen lassen. Am 2. September jedoch ereilte die Familie überraschenderweise die Nachricht, ihre Auswanderung sei ausnahmsweise genehmigt worden. Die Nachricht wird verglichen mit einem Wunder, dass die Familie beglückt, als Erich Jacobs jedoch in Berlin anrief gab man ihm die Anweisung direkt zum Hilfsverein in Essen zu gehen, was weiteren Zweifeln Platz einräumte. Beim Essener Hilfsverein angekommen bestätigte man ihnen jedoch, dass es stimme und sie wahrhaftig eine Sondererlaubnis zur Auswanderung erhalten haben, sie mussten Deutschland am 10. September verlassen. Würden sie diesen Transport jedoch verpassen, würde die Erlaubnis verfallen. Berlin würde das Transitvisa durch Spanien für die Familie einholen, es wäre aber in so kurzer Zeit nahezu unmöglich auch noch Transitvita für Portugal und Kuba einzuholen, weswegen die Familie vermutlich eine Zeit lang in Spanien verweilen müsse. Die Familie wurde nach Hause geschickt und beauftragte ihre Reisepässe fertigstellen zu lassen, falls dies noch nicht geschehen war. Ebenso sollten sie den Beamten für die Prüfung und Versiegelung ihrer Koffer aufsuchen. Am Abend des 9. Septembers sollten sie rechtzeitig beim Hilfsverein in Berlin sein. Das Geschehnis erschien der Familie unreal und wie ein Traum, sie konnten nicht begreifen was passiert war und erst als sie auf Viktor Löwenstein trafen, kurz vor ihrer Abfahrt aus Berlin, sorgte er für Aufklärung. Der Verbindungsmann sei laut Viktor Löwenstein beeindruckt gewesen von der Tatsache wie Hetti die Nachricht aufgenommen habe, dass eine Auswanderung unmöglich sei, ebenso wie von der Selbstverständlichkeit bei ihrem Mann zu bleiben, obwohl sie die Möglichkeit habe, alleine auswandern zu können, um ihrem Todesurteil zu entgehen. Daraufhin ging er erneut zur Gestapo und berichtete ein zweites Mal von diesem Fall. Es sei kein großer Verlust die Familie auswandern zu lassen, da Erich Jacobs für körperliche Arbeiten gar untauglich wäre und nur mit Verstand arbeiten könne, so argumentierte der Verbindungsmann. Der Nationalsozialist und Gestapo Arbeiter erteilte erneut die Genehmigung für die Familie, um auswandern zu dürfen. Laut Erich Jacobs war dies allein seiner Frau Hetti zu verdanken, sowie ihrer starken Haltung.

  • "Wunder geschehen doch noch / Geschichte und Schicksal der jüdischen Familie Jacobs" - Erich Jacobs,
    Hrsg. von Siegfried Homann, Karl-Heinz Martini, Franz-Josef Wiemer. Aus dem englischen Originalmanuskript übersetzt von Andreas Wiemer (Deutsche Ausgabe; ISBN 3-938481-00-5)

  • Korrekturen, mit Unterstützung von Erich Jacobs' Tochter
    Vielen Dank an Fredel Fruhman ehem. Jacobs